Türchen 18
Wenn die Hände sprechen…
Menschen die ihre Umwelt nicht hören können, die also sehr stark schwerhörig oder taub sind, haben Probleme Gesprochenes zu verstehen. In Deutschland leben ca. 80.000 Gehörlose, sie sind untereinander eng vernetzt und Teil einer eigenständigen Gehörlosenkultur. Was diesen Menschen hilft ist Gebärdensprache. Aus diesem Grund möchten wir euch in unserem heutigen Adventskalendertürchen die Gebärdensprache etwas näher bringen.
Gebärdensprache ist eine visuelle Sprache, d.h. man hört sie nicht, sondern sieht sie. Wörter werden dabei mit den Händen, mit dem Gesichtsausdruck und mit der Bewegung des Mundes (Mundbild) gebildet.
Gebärdensprache ist keine „Allgemeinsprache“
Was viele nicht wissen ist, dass die meißten Länder eine eigene Gebärdensprache haben. Schätzungsweise gibt es weltweit mehr als 140 Gebärdensprachen, sie alle haben ihre eigenen Sprachlinien und ihre eigenen Geschichten. In Deutschland wird die deutsche Gebärdensprache (DGS) gesprochen. Im Jahr 2002 wurde diese in Deutschland als offizielle Sprache (genauso wie z.B. Englisch, Französisch oder Russisch) anerkannt. Die Deutsche Gebärdensprache besitzt zudem in den unterschiedlichen Bundesländern eigene lokale Gebärdendialekte und verfügt über eine komplexe, eigenständige Struktur und Grammatik und muss wie jede andere (Fremd-)sprache erlernt werden.
Neben der Gebärdensprache gibt es auch ein eigenes Fingeralphabet. Gerade bei Fremdwörtern, die in der Gebärdensprache vielleicht nicht so bekannt sind oder bei Namen und Eigenwörtern, für die es keine Gebärdenübersetzung gibt, ist das Fingeralphabet nützlich, da so die Wörter einfach buchstabiert werden können. (Im Schaubild rechts, seht ihr das Wort ViiAS). Selbstverständlich gibt es auch hier wieder weltweite Unterschiede. Also müssen auch Gehörlose „Fremdsprachen“ lernen, wenn Sie sich international austauschen wollen.
Wie funktioniert die deutsche Gebärdensprache?
Für die Gebärden nutzt man immer seine dominante Hand. Das heißt, wenn du Rechtshänder bist, nimmst du die rechte Hand und wenn du Linkshänder bist, die Linke. Wichtig ist auch wo, also ob am Kopf, am Hals, den Armen oder am Körper, eine Gebärde ausgeführt wird. Gehörlose haben eine ganz feine Wahrnehmung für Stimmungen und Launen. Da sie nicht hören können, in welchem Tonfall jemand etwas sagt, achten sie mehr auf Blicke und Körpersprache. Deswegen ist es wichtig, seinen Mund nicht überdeutlich zu bewegen – denn das verfälscht das Mundbild und dadurch können Gehörlose nur erschwewrt oder gar nicht mehr von den Lippen ablesen. Als kleinen Einstieg in die Thematik, haben wir drei kleine „Lehrvideos“ erstellt.
Nikolai Reifegerste (27 Jahre alt), Mitarbeiter der Fahrerlaubnisbehörde der Wissenschaftsstadt Darmstadt ist seit seinem ersten Lebensjahr gehörlos. Egal, ob in seinem Beruf oder in seiner Freizeit auf dem ußballplatz: seine Gehörlosigkeit ist für ihn keine Behinderung. Sein Vorgesetzter Yannick Stöhr (25 Jahre alt), als Leiter der Fahrerlaubnisbehörde der Wissenschaftsstadt Darmstadt, hat sich zwischenzeitlich eigenständig Grundkenntnisse der Gebärdensprache angeeignet, um mit Nikolai Reifegerste kommunizieren zu können.
Für alle, die jetzt neugierig geworden sind und selbst etwas in Gebärdensprache sagen wollen, haben die beiden noch einen kleinen „Crash-Kurs“ aufgenommen.
Sie sind heute erst auf unseren Adventskalender gestoßen und ärgern sich, dass Sie die ersten Türchen verpasst haben? Kein Problem! Die bereits geöffneten Türchen können auch rückwirkend noch betrachtet werden. Hierzu einfach auf die Startseite unseres Adventskalenders gehen.