Rollstuhlrugby - mein erster persönlicher Berührungspunkt mit dem Behindertensport

Interview mit Frank Ahrens, Rollstuhlrugby-Spieler und Behindertenbeauftragter der Gemeinde Groß Zimmern

Frank Ahrens hatte im Jahr 2005 einen Motorradunfall, seit diesem Jahr lebt der 57 jährige im Rollstuhl. Er stemmt seinen Haushalt zu 95% allein, er ist mit seinem speziell umgebauten Auto unterwegs. Seine Hobbys sind Rollstuhlrugby und Handbike-fahren. Er liebt die Natur und kümmert sich als Behindertenbeauftragter der Gemeinde Groß-Zimmern um die Barrierefreiheit in diesem Ort. Mit seiner Unterstützung wurde etwa das Hallenbad in Groß-Zimmern Ende 2022 barrierefrei umgebaut. Außerdem spielt er seit dem Jahr 2006 aktiv Rollstuhlrugby. Er begann kurze Zeit nach seinem Unfall mit dem Sport.

Rollstuhlrugby ist eine paralympische Sportart, die in den späten 1970er Jahren in Kanada entwickelt worden ist. Dabei fungiert ein spezieller Volleyball als Spielball. Ziel des Spiels ist es, den Ball über die gegnerische Torlinie zu fahren. Die Mannschaft, die bis zum Ende des Spiels die meisten Punkte erzielt hat, gewinnt.

Im Folgenden erzählt uns der Sportler wieso er mit dem Rollstuhlrugby angefangen hat und wie er zur Barrierefreiheit steht: „Ich hatte das Glück und bin direkt in einer Klinik für Querschnittsgelähmte an einen Physiotherapeuten geraten, der Nationaltrainer vom Rollstuhlrugby war, er hat mich direkt für den Sport inspiriert, gefördert und gefordert. Rollstuhlrugby war mein erster persönlicher Berührungspunkt mit dem Behindertensport“.

Auf die Nachfrage hin, wie Rollstuhlrugby funktioniert und ob es besondere Regeln gibt antwortet Frank Ahrens: „Rollstuhlrugby ist ein Vollkontaktspiel und wird mit einem speziell auf den Körper angepassten Sportrollstuhl gespielt. Diese speziellen Sportrollstühle müssen selbst finanziert werden.“ Dabei kann der Weg zu solch einem Sportrollstuhl beschwerlich sein. Der Sportler erzählt, dass er ihn von seiner Krankenkasse finanziert bekommen hat, nachdem er eine lange Zeit dafür gekämpft hat. Sogar bis vors Sozialgericht in Darmstadt zog Ahrens, um das Sportgerät zu bekommen.

„Gespielt wird nur in der Halle, über das komplette Basketballfeld. Grundsätzlich ist jeder Körperkontakt ein Faulspiel. An der Grundlinie werden links und rechts von den Spielhälften der jeweiligen Mannschaften zwei Pylonen ((Plastikhütchen)) aufgestellt. Die Entfernung zwischen den Pylonen beträgt ca. 7,50m. Es muss mit dem Ball durchgefahren, nicht durchgeworfen werden. Bei Rollstuhlrugby ist viel Taktik, Ausdauer, Kraft und Koordination gefragt. Es wird nach  Punkten gespielt, deshalb gibt es verschiedene Zeitregeln wie zum Beispiel, dass innerhalb von 10 Sekunden der Einwurf erfolgen sollte oder der Ball nach spätestens 10 Sekunden entweder gedribbelt oder Mitspieler*innen zugepasst werden muss. Die effektive Spieldauer beträgt 4×8 Minuten, so der Rugbyspieler“.

Auch Barrierefreiheit im Alltag ist dem Sportler besonders wichtig, „vor allem bedeutet Barrierefreiheit für mich, sich ohne Hilfe und ohne Fragen, ganz frei bewegen zu können, die Tür öffnen oder den Bürgersteig nutzen zu können – beispielsweise auch ein Gebäude, ohne Hilfe von anderen Personen, frei betreten zu können ist Barrierefreiheit“.

Frank Ahrens spielt bei Frankfurt Mainpower beim Hessischen Sportbund Rollstuhlrugby. „Dort herrscht bereits Barrierefreiheit. Vor zwei oder drei Jahren wurden auch elektrische Türen eingebaut, damit ohne Hilfe von Anderen, selbst reingefahren werden kann“, erläutert er.

Leider gibt es laut dem Rugbyspieler noch eine nicht elektrische Hallentür innerhalb der Sporthalle, die noch nachgerüstet werden müsste. „Alle Türen sollten mit einem elektrischen Türöffner ausgestattet sein, alles sollte ebenerdig und elektrisch sein,  damit man wirklich niemanden um Hilfe bitten muss bei der Fortbewegung. Toiletten und Waschräume sollten ebenfalls barrierefrei gestaltet werden, so Ahrens“.

Zum Training selbst sagt er, dass alle mitmachen dürfen, die möchten. Allerdings dürfen bei Wettkämpfen oder Ligaspielen, nur  Spieler*innen mitspielen, die querschnittsgelähmt sind oder mindestens an drei Körperteilen Einschränkungen haben.

„Trainiert wird bei Verfügbarkeit der Halle, jeden Dienstag von 18:00 Uhr – 20:00 Uhr. Alle Trainingstage sind immer offen für Interessierte. Wir sind auch immer dankbar über Interessierte, egal ob Fußgänger*innen oder Rollstuhlfahrer*innen. Fußgänger*innen werden vor allem auch benötigt, um uns beim Übersetzen in den Rollstuhl oder bei Tätigkeiten, die Rollstuhlfahrer selbst nicht machen können, zu helfen. Wir sind über jede Hilfe sehr dankbar und auch über jeden Einzelnen, der bei uns mitspielen möchte und unsere Spielerzahl verstärkt“.

Doch nicht nur beim Thema Barrierefreiheit vertritt der Sportler eine klare Meinung, sondern auch wenn es um das Thema Infrastruktur geht:

„Infrastruktur sollte barrierefrei sein um von A nach B zu fahren, man sollte nicht über C nach B fahren müssen. Bürgersteige sollten ausreichend abgesenkt werden, Landstraßen und Kommunale Straßen sollten von vorn herein  mit einer Bordsteinabsenkung gebaut werden. Leider heißt es hier oftmals alles kann aber nichts muss“.

Der Rugbyspieler aus Groß-Zimmern fügt an, dass die Sporthalle in der Nähe des Fußballstadions liegt und sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen ist.

„Allerdings habe ich nicht so viel Erfahrung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gemacht, denn ich als Rollstuhlfahrer versuche sie zu meiden. Man weiß nie was für Probleme es unterwegs geben kann, erklärt er.

Zum Abschluss des Interviews betont Frank Ahrens nochmal, dass das Team sich über jeden Zuwachs freut und wirklich alle herzlich willkommen sind. Es wäre schön, wenn es mehr inklusive Sportarten geben würde.

Von unserer Seite wünschen wir dem Frankfurter Rollstuhlrugby-Team alles Gute und viel Erfolg bei den Spielen.

Text: Carolin Tomala

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